Öwer ons

Rhinberkse Sprookverein Ohmen Hendrek

Die Geschichte des Sprookvereins

Der Rhinberkse Sprookverein „Ohmen Hendrek“ hat eine lange Tradition. Aus der Formulierung „Sprookverein“ kann man unzweifelhaft entnehmen, dass es bei den Aktivitäten in diesem Verein in erster Linie um eine Sprache, allerdings um eine ganz besondere Sprache geht, nämlich um unsere ureigenste, heimische Mundart, das sogenannte „Rhinberks Platt“.

In früheren Jahrhunderten war das Niederfränkische, Niederländische (Kleverländische) hier die Alltagssprache. Das bedeutete, dass unsere niederrheinische Mundart, „Rhinberks Platt“, die ebenfalls zum niederfränkischen Sprachstamm gehört, wesentlich älter ist als die hochdeutsche Standardsprache.

Ähnlich sah es in anderen Bereichen Deutschlands aus: jedes Fürstentum usw. hatte seine eigene Sprache bzw. Mundart, was eine große Sprachenvielfalt bedeutete. Die Preussen setzten mit der Machtübernahme ab 1703 durch, dass das Hochdeutsche die amtliche Sprache wurde. Doch das kam nicht von heute auf morgen! Besonders die Angehörigen der sogen. einfacheren Bevölkerungsschichten behielten es bei, sich im täglichen Gespräch der Mundart zu bedienen. Aber es ließ sich nicht aufhalten: die angestammte Mundart wurde nach und nach von der hochdeutschen Sprache zurückgedrängt.

Das sahen zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts in Rheinberg eine ganze Reihe angesehener Bürger aus allen Bevölkerungsschichten auch so. Es wurde ihnen zu einer Herzensangelegenheit, unsere Mundart vor dem Vergessen zu bewahren. Und so fanden sie sich zusammen und gründeten einen Verein zur Erhaltung und Förderung unserer Mundart. Hier war der biedere Handwerker ebenso tätig wie der Geschäftsmann, der Fabrikant und der Akademiker.

Initiator und Motor dieses Vereins war der angesehene Arzt aus einer alten Rheinberger Familie Dr. Heinrich Schmitz, Geheimer Sanitätsrat und Ehrenbürger der Stadt Rheinberg (1928).

Und da Dr. Schmitz so überaus aktiv in diesem Kreise war, benannten die Mundartfreunde den Verein nach der Mundart-Version seines Vornamens, nämlich „Rhinberkse Sprookverein „Ohmen Hendrek“ (wörtlich übersetzt: Rheinberger Sprachverein „Onkel Heinrich“).

Das Bild oben entstand ca. 1937/38. Die damaligen Mitglieder des Rhinberkse Sprookverein „Ohmen Hendrek“ waren: (hinten v. l.) Gerhard Rosendahl, Hein Hoppmann, Jean Führmann, Heinrich Cremer (Küster), Gerhard Nühnen, Gottfried Heger, Dr. Carl Underberg, Theodor Rosendahl; (vorn v. l.) Emil Underberg, Dr. Josef Underberg, Leo Küsters, Fritz Hoppmann, Vorsitzender Geh. Sanitätsrat Dr. Heinrich Schmitz, Franz Underberg.

 

Gründungsdatum nicht genau feststellbar

Der Verein war zwar gegründet, es läßt sich jedoch bislang kein präzises Gründungsdatum des Vereins feststellen, denn es gibt hierzu keine schriftlich fixierten Aufzeichnungen. Wir sind also darauf angewiesen, den ungefähren Zeitraum abzuschätzen. Dazu soll uns zuerst ein Auszug aus dem Vorwort zum „Dagwieser“ des Jahres 1928 weiterhelfen. Dort heißt es unter der Überschrift : Ein Leben in der Heimat und für die Heimat u. a.:

 

1. Absatz :

„Ohmen Hendrek geboren am 27. 01. 1848 als 7. Kind der Eheleute Wilhelm und Friederike Schmitz, die ihm und der Stadt Rheinberg einen Wohltäter an seiner Vaterstadt und einen treuen Hüter heimischer Art und Sitte schenkte. ....“

 

2 Seiten weiter lesen wir :

„Wie kein zweiter verwuchs er der Heimat, der Landschaft, den Menschen, der Mundart und den Sitten."

 

Und dann im letzten Absatz des Artikels eine für unsere Untersuchung wichtigee Passage :

„Im vergangenen Jahr ging dann auch die Gründung eines 'plattdeutschen Sprachvereins' von ihm aus.

In bisherigen allmonatlichen Sitzungen wußte der liebe alte Herr so viel zu erzählen, und die Abende so anregend zu gestalten, daß es uns auch an dieser Stelle eine liebe Pflicht der Dankbarkeit und eine Herzensschuld ist, ihm zu seinem Geburtstage alles Gute und noch viele Jahre in Gesundheit des Leibes und des Geistes zu wünschen. Möge der Herr Geheimrat, auf dessen Namen unser Verein und Kalender sich gründet und dessen Bild daher mit Recht dieses anspruchslose Büchlein schmückt, noch recht lange Jahre unseren Verein lenken und fördern, unserer Jugend aber ein Vorbild und Beispiel sein für das Wort: Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen, das heißt: deine Heimat.“ Otto Haus

 

Weiter unten heißt es unter der Überschrift „En Vörword“:

„Hier brenge we Kalenderlüj üt de Sprookverein „Ohmen Hendrek“ ene kleinen Dagwieser för dat Johr 1928; we hebben dorbej die Freud, onse liewe Vörsetzenden, den Heer Geheimrat Dr. Schmitz en ganz Johr lang fieren tu köne. Wat äwer ächte Rhinberkse sind, die sölle mär säge, wat draen fählt; wej weete, dat se ons on ons Platt geern häbe, on dat es ons genug...

Also spräckt Platt, mär rechtech. De Kalenderlüj

 

Das ist bezüglich des Gründungsdatums noch ziemlich ungenau. Hier hilft ein Artikel in der Rheinberger Zeitung vom 6. Februar 1927 weiter. Dort lesen wir:

Rheinberger Karnevalsgesellschaft 1927

„Wej sin weer door“! Den Bemühungen des Elfer– und Kleinen Rates ist es unter Aufwendung ganz erheblicher Kosten dank der Hilfe einiger sehr einflußreicher Persönlichkeiten unserer Stadt gelungen, für das Fest „Alt Rheinberg“ am 20. Februar (1927) aus dem „Rheinischen Archiv ... usw.

 

Wesentlich enger kann der Gründungszeitraum eingegrenzt werden aufgrund eines Artikels der „Rheinberger Zeitung“ vom 19. März 1927, Seite 6, Rubrik „Rheinberg und Umgegend“, 3. Bericht (Absatz) unter der Überschrift :

Zur Pflege der plattdeutschen Sprache

Angeregt durch die Wiederauflebung „Alt–Rheinbergs“ bei dem diesjährigen Karneval hat sich in Rheinberg ein Verein zur Pflege und Erhaltung der plattdeutschen Sprache gebildet. ....

 

Aus den beiden Zeitungsartikeln geht unzweideutig hervor, daß die Gründung des Rhinberkse Sprookvereins „Ohmen Hendrek“ also in der Zeit zwischen dem 20. Februar 1927 und dem dem 19. März 1927 gelegen haben muss!

Wenn man für die Veröffentlichung des Artikels etwa 1 Woche bis zum Erscheinen veranschlagt, dann könnte das eigentliche Datum der Gründung des „Rhinberkse Sprookverein Ohmen Hendrek“ etwa um den 12. März 1927 gelegen haben !

 

Ob der Sprookverein damals eine Vereinssatzung festgeschrieben hat, ist nicht feststellbar.

 

Im Rhinberksen Dagwieser vom Jahrgang 1937 heißt es auf der Seite 13 :

Vörword tu de Jubiläums–Kalender 1937

Tien Johr häbbe wej treulech gehüjt

Heimatsprook aen de Niederrhein;

Tien Joer in Wort on Schriff sech bemüht,

Kalender–Lüj von de Sprookverein.

 

Auch die o. e. Zeitangabe „Tien Johr ...“ deutet auf das Gründungsjahr 1927 hin.

 

Quellen: Recherchen von Theodor Horster

„Rhinberkse Dagwieser“ 1928 und 1937

Rheinberger Zeitung von 1927

 

Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg

Josef „Jupp“ Gohrmanns

Dass es nach dem 2. Weltkrieg dann wieder zu einer Belebung des Sprookvereins kam geht auf eine Initiative der damaligen „vaterländischen Frauenvereinigung“ zurück. In dieser Gruppe unter Vorsitz von Frau Katharina Schmitz-Winnenthal hatten sich Rheinberger Frauen (u. a. Frau Conrad, Frau Lörx, Frau Püttmann, Frau Schawach, Frau Sprenger) zusammengefunden, um Handarbeitssachen herzustellen und diese verschiedensten hilfsbedürftigen Familien zukommen lassen zu können. Und wie es sich so beim Häkeln und Stricken, einem Tässchen Kaffee und einem Stücken Kuchen ergab, wurden die verschiedensten Themen erörtert. Und irgendwann fiel dann auch das Stichwort Rhinberkse Sprookverein. Die Damen bedauerten es, daß seit längerem aus diesem Mundart-Kreise keine Aktivitäten mehr zu verzeichnen waren und regten an, die ehemaligen Gründungsmitglieder des Rhinberksen Sprookvereins anzusprechen und sie zu einer Wiederbelebung des Mundartkreises zu ermuntern.

Das wurde in die Tat umgesetzt, und so kam es dann auch zu Anfang der 50er Jahre zu einer ersten Zusammenkunft von Mundartfreunden im Lokale Püttmann an der Orsoyer Straße. Aus der „alten Riege“ nahm an dieser Zusammenknft auch Hein Hoppmann regen Anteil. Das setzte sich fort, und die weiteren Zusammenkünfte fanden dort dann in gewohnt lockerer und fröhlicher Atmosphäre statt.

Man konnte schließlich Josef Gormanns dazu gewinnen, die Leitung des wiederaufgelebten Sprookvereins zu übernehmen, den er dann über viele Jahre leitete und formte. Doch auch er konnte sich Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts altersbedingt nicht mehr intensiv um den „Sprookverein“ kümmern. Das bedeutete, daß das Vereinsleben des „Sprookvereins“ für einige Jahre zwar ruhte, der Verein jedoch nicht aufgelöst wurde.

Im Rahmen der Volkshochschule gab es unter Jupp Gohrmanns die Arbeitsgemeinschaft „Plattdeutsch“, die die beiden Bücher „Ons Modersprook in Rhinberk on Ömgägend" heraus brachten (1980 und 1981). 1989 erschien von Josef Gohrmanns das „Wörterbuch der Rheinberger Mundart“ als Band 2 der Schriften der Stadt Rheinberg zur Geschichte und Heimatkunde.

 

Im 21. Jahrhundert

In der Folgezeit kamen aber immer wieder einige alteingesessene Rheinberger Bürger zu der Einsicht, daß man den Faden wieder aufgreifen und den „Sprookverein“ erneut aus seinem „Dornröschenschlaf“ aufwecken und aktivieren sollte.

Und so kam es nach einiger „Mundpropaganda“ auf Initiative zweier geborener Rheinberger Bürger, Norbert Ricking und Paul Feltes, am 30. 05. 2001 zu einer ersten Zusammenkunft mundartinteressierter Bürger im Lokale „Alte Apotheke“ im Stadthaus.

Norbert „Nöpp“ Ricking

Das war der Beginn der erneuten Wiederbelebung des Rhinberkse Sprookvereins, es hatte sich lediglich der Personenkreis etwas geändert. Es wurde ein Vorstand gewählt und vereinbart, sich jeweils am 2. und am 4. Montag eines jeden Monats zusammenzufinden. Heute ist es der 1. und 3. Dienstag im Monat. Norbert Ricking übernahm das Amt des Vorsitzenden am 30. 05. 2001. In der Folgezeit wurde dann auch eine Vereinssatzung formuliert, um u. a. die verschiedenen Zuständigkeiten festzulegen.

Unter Nöpp Ricking lebten alte Traditionen aus den 20er/30er Jahren wieder auf. An erster Stelle ist die Neuauflage des Rhinberksen Dagwiesers zu nennen. Mit der Ausgabe 2003 erschien der erste der bis heute erschienen 12 neuen Jahrgänge. Es fanden sich neue Autoren, die mit Geschichten und Dönekes dem Dagwieser neues Leben einhauchten. Hervorzuheben sind für ihre fleißige Arbeit neben dem „Baas“ Nöpp Ricking vor allem Horst-Dieter Henseler, Theodor Horster, Ferdinand Sprenger, Paul Feltes und Hermann Wesling. Auch Theodor Bosch, Luise Siebers, Matthias Kremer, Otto Vierhaus, Käthi Spolders u. A. brachten Geschichten und Gedichte ein.

Belebt wurde auch wieder das „Eierpecke“ zur Osterzeit im Sprookverein und an der Grundschule St. Peter sowie das „Mettworschpannekuuk-Äte“ mit den Rhinberkse Jonges. Im Jahr 2004 konnte man in Zusammenarbeit mit der Kath. Grundschule St. Peter, mit besonderer Hilfe der Schulleiterin Gabi Krekeler, eine sogen. Platt-AG ins Leben rufen, die den interessierten Grundschülern die Rheinberger Mundart vermitteln soll. Hermann Wesling, Theodor Horster und später Rolf Kuhlmann nahmen sich dieser Aufgabe an.

 

 

Rolf Kuhlmann

Am 14. 02. 2011 gab Nöpp Ricking nach 10 Jahren erfolgreicher Arbeit das Amt des Vorsitzenden ab. Rolf Kuhlmann wurde zum neuen „Baas“ gewählt. Er führte die alten Traditionen von Nöpp Ricking weiter. Als Neuerung entstand der Plattdeutsche Abend, der zum ersten Mal 2012 ohne Eintrittsgeld in der Alten Kellnerei stattfand. Die guten Kritiken ermunterten den Sprookverein weiterzumachen. 2013 war der Konzertsaal der Kellnerei mit 120 Besuchern gut gefüllt. Wegen der großen Nachfrage wurde 2014 neben dem Abend in der Kellnerei ein zusäztlicher Plattdeutscher Nachmittag im Budberger Bürgerhaus veranstaltet.

Platt vor großem Publikum 2014: Hans-Gerd Hackfurth, Bernhard Evers, Christel van den Boom, Käthi Spolders, Rolf Kuhlmann

Mit der Ausgabe von 2013 übernahm Bernhard Evers die Redaktion und Gestaltung des Dagwiesers. Mit neun Autoren im Dagwieser 2015 konnte er unser Vorzeigeprojekt wieder auf eine breites Fundament stellen. Mitgewirkt ab 2013 haben Christel Dormann, Bernhard Evers, Paul Feltes, Hans-Gerd Hackfurth, Horst-Dieter Henseler, Theodor Horster, Rolf Kuhlmann, Norbert Ricking, Käthi Spolders, Ferdinand Sprenger, Hans Velroyen und Hermann Wesling.

 

Am 1. März 2016 wurde der Sprookverein neu gegründet, eine Satzung beschlossen und ein neuer Vorstand gewählt. Der Verein soll in das Vereinsregister eingetragen und die Gemeinnützigkeit beim Finanzamt beantragt werden. Hierdurch soll eine bessere Finanzierbarkeit des Dagwieser erreicht werden. Ziel ist es, unsere Plattangebote möglichst preiswert anzubieten, um eine größere Anzahl von Bürgern zu erreichen.

 

Hervorzuheben ist, daß sich seit dem Gründungsjahr (1927) die Bezeichnung dieses Mundartkreises nicht geändert hat und sich immer noch auf den Gründer bezieht, denn er heißt nach wie vor Rhinberkse Sprookverein „Ohmen Hendrek“. Das heißt also: auch der heute aktive Mundartkreis unter dem Vorsitz von Rolf Kuhlmann ist der legitime Nachfolger des ursprünglichen Sprookvereins!

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